Schreibend dem Frühling begegnen Teil 2 (Haiku)

„Ach,/ nirgendwo / swingt /eine Schlüsselblume/.“

Dieser Satz ist kein Haiku, aber er lädt zum Sprachspielen ein.

Schreibimpuls 1

Verändere den Satz in mehreren Schritten, indem du jeweils ein Satzglied veränderst. Die Satzglieder sind oben durch Schrägstriche markiert. Irgendwann kommst du vielleicht zu einem Satz, der mit dem ersten nicht mehr als die Anzahl der Satzglieder gemeinsam hat. Ich habe insgesamt 11 Sätze geschrieben, der letzte lautet: Ach, Ostern kommt kein Lockdown?

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Die wohl bekannteste lyrische Kurzform ist das Haiku, das aus Japan kommt. Dabei verteilen sich 17 Silben auf drei Zeilen, klassisch mit der Abfolge 5 -7 -5. Nun stimmt eine japanische Silbe nicht mit einer deutschen überein, sodass man auf diese Verteilung auch verzichten kann. Ein Dreizeiler allein macht aber noch kein Haiku. Beim Lesen eines Haiku wird man einen Gedankensprung bemerken, ein Innehalten, und das ist es, was ein Haiku ausmacht. Diese Form mit Leben auszufüllen, erfordert viel Übung. Thematisch geht es beim Haiku darum, einen Augenblick festzuhalten, eine Naturbeobachtung, ein Erlebnis, das uns so noch nicht geschehen ist. Wir sind beeindruckt von der Tatsache, nicht von der Substanz.

Schreibimpuls 2

Also gehen wir hinaus und schärfen unsere Sinne, sehen die Dinge zum ersten Mal, wie ein Kind, das über das staunen kann, was alltäglich ist und dem doch etwas Wunderbares anhaftet. Und dann schreibe ein Haiku und noch eins und vielleicht noch ein drittes…

Zwei Beispiele, aus dem Japanischen übersetzt:

Zwischen den Gräsern,

blüht weiß eine Blume,

unbekannt der Name.

(Shiki)

Der Frühling geht,

zitternd, in den Gräsern

der Felder.

(Issa)

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