Schreibend dem Frühling begegnen

Keine Jahreszeit wird so herbeigesehnt wie der Frühling. Licht und Wärme sehnen wir ebenso herbei wie Farbe und Neubeginn. Kein Wunder, dass der Frühling nicht nur in vielen Gedichten beschwört, gefeiert, gelobt, besungen wird. Bei Leo Tolstoi  heißt es: „Der Frühling ist die Zeit der Pläne und Vorsätze.“ Die Hoffnung auf Neubeginn scheint in diesem Jahr besonders ausgeprägt zu sein, verbunden mit dem Wunsch nach Normalität. Grund genug, unsere Kreativität an diesem Thema  aufzuspüren und zu fördern, Schreibfreude zu gewinnen und Spaß an Sprachspielen zu entdecken.

Deshalb lade ich zu einem Schreibkurs „Schreibend dem Frühling begegnen“ ein, der am 1. März 2021 startet.

Über eine Woche hinweg gibt es täglich einen Aphorismus zur Inspiration und zum Nachdenken  und  außerdem einen Schreibimpuls, der aus dem Methodenfundus des Kreativen Schreibens stammt.

Ab 20. März folgt der nächste Frühlings-Kurs!

Schreiben über den Tellerrand (14)

Station 14 USA MORGENSEITEN

Unsere kleine Schreibreise durch 6 Kontinente geht zu Ende. Wir beenden sie in Nordamerika, dort, wo sie mit dem Freewriting begann. Ich möchte alle Mitreisenden, die Freude am Schreiben entdeckt oder wiederentdeckt haben, ermuntern, dem Schreiben treu zu bleiben. Die eigene Kreativität zu entdecken, ist ein Prozess, der nicht mit einem Produkt, einem Gedicht, einer Kurzgeschichte oder sogar einem Roman abgeschlossen ist. Es ist ein lebendiger Prozess, der uns zu vielen Orten unseres Selbst führt, der ständig Nahrung braucht, der in Bewegung sein will, der neue Räum erobern will. Als „wichtigste Technik zur Aktivierung unserer Kreativität“ hat die Amerikanerin, Autorin und Mentorin Julia Cameron die von ihr entwickelten Morgenseiten charakterisiert. Sie schlägt vor, jeden Morgen, gleich im Bett oder nach dem Aufstehen, 2-3 Seiten zu schreiben. Nicht produkt- oder themenorientiert, sondern ganz im Sinne des Freewriting einfach draufloszuschreiben, dabei den inneren Zensor zum Schweigen bringen, man selber sein und das auch zulassen. Loslassen, was einen vielleicht nachts oder am Tag zuvor gequält hat und die Erleichterung spüren, wenn wir uns „leer“ geschrieben haben. Wir schreiben die Morgenseiten nur für uns, keiner wird sie lesen. Vermeide es, Erfahrungsberichte von anderen zu lesen. Erfahrungen, die du mit dir und den Morgenseiten machst, sind ganz individuell, es gibt kein richtig oder falsch dabei. Ob und wie dir die Morgenseiten helfen, im kreativen Prozess zu bleiben, kannst nur du allein herausfinden!

Schreibimpuls 14

Starte einen Versuch mit den Morgenseiten. Vielleicht legst du dir dazu ein besonderes Heft an oder du nimmst einen Spiralblock und wirfst die vollgeschriebenen Seiten einfach weg. Lass dich nicht unter Druck setzen, um eine bestimmte Seitenzahl zu schaffen. Finde dein eigenes Tempo und vertraue darauf, dass du spürst, wann für diesen Morgen alles geschrieben ist.

Ich wünsche dir viele positive Erfahrungen dabei!

Wenn du dem Schreiben treu bleiben willst und gerne weitere Anregungen aufgreifen möchtest: Es gibt ab Anfang März einen neuen Kurs, genauere Infos folgen!

Schreiben über den Tellerrand (13)

Station13 USA CLUSTER

Beenden wir unsere Reise dort, wo wir gestartet sind, in den USA. Neben der bereits erwähnten Natalie Goldberg sind es Julia Cameron und Gabriele L. Rico, die dem Kreativen Schreiben wesentliche Impulse gegeben haben. Greifen wir heute das Clustering auf, entwickelt von L. Rico.

Kurze Beschreibung der Methode

Das Verfahren (cluster: engl.= Büschel, Gruppe, Anhäufung) wurde Anfang der 80er Jahre von der deutschstämmigen Lehrerin Gabriele L. Rico in den USA als Lernmethode entwickelt. Sie versuchte damit, der Schreibmüdigkeit ihrer Schüler*Innen entgegenzuwirken. Das Cluster soll als kreative Arbeitstechnik der Ideenfindung und der Visualisierung von Gedanken dienen. Hierzu wird ein Schlüsselbegriff auf ein leeres Blatt Papier geschrieben und eingekreist. Nun schreibt man spontane Assoziationen um das Kernwort herum auf. Diese Assoziationen ergeben wieder neue Schlüsselbegriffe, die eingekreist und miteinander verbunden werden. Dieser Verbund wird als Assoziationskette bezeichnet. Jede neue Assoziationskette setzt immer beim Cluster-Kern an. Es entsteht eine netzartige Skizze aus Ideen, ausgelöst durch den ersten Schlüsselbegriff. So entsteht ein Cluster oder Gedankenschwarm. An einer Stelle der Assoziationskette macht sich dann der sog. Umschaltreflex bemerkbar. Es entsteht die Idee für einen Text! Die erste Textidee kann das erste Wort eines Satzes, ein erster Satz, ein kleiner Text sein.

Dazu ein Zitat von Gabriele L. Rico: „Das Clustering macht sich das kindliche, staunende, neugierige, spielerische, offene, flexible, nach Mustern suchende Denken zunutze, das ich als bildlich bezeichnet habe und dank dessen wir ein kreatives Spiel mit Sprache, Ideen, Rhythmen, Bildern, Lauten und Mustern entfalten können, bevor wir uns auf eine bestimmte Richtung festlegen. Kurz, wir erweitern das Spektrum unserer Möglichkeiten.“

Bildergebnis für cluster kreatives schreiben

Beispiel: Cluster mit dem Schlüsselbegriff (Kernwort) Kaffee (Quelle:Wikipedia)

Schreibimpuls 13

Beginne nun ein Cluster, indem du in die Mitte eines leeren Blattes ein Kreis zeichnest. Als Kernbegriff, der in den Kreis geschrieben wird, schlage ich das Wort“ manchmal“ vor.  Lass dann deine Assoziationen über das Blatt schwärmen. Wahrscheinlich spürst du irgendwann einen Impuls, eine Textidee und schreibst los. (Umschaltreflex) Lass dich überraschen, wohin dich deine Assoziationen und dein Impuls führen.

Viel Freude am Clustern!

Schreiben über den Tellerrand (12)

Station 12 Märchen aus verschiedenen Kulturen

Eine in kreativen Schreibwerkstätten beliebte Methode ist es, erste Sätze aus Romanen oder Kurzgeschichten auszuwählen und von diesen aus dann  einen eigenen Text, eine eigene Geschichte zu schreiben. Heute, wir nähern uns dem Ende unserer Reise, möchte ich diesen Impuls aufgreifen und erweitern.  Märchen sind weit verbreitet, es gibt sie in allen Ländern und Kulturen. Schauen wir uns um in der Märchen – Welt!

Schreibimpuls 12

Hier eine kleine Auswahl von ersten Märchensätzen aus unterschiedlichen Ländern:

Es waren einmal zwei Freunde. (Frankreich)

Die kleine Mascha hatte Vater und Mutter verloren.( Russland)

An einem großen Fluss in Indien lebte ein Fischer in seiner Fischerhütte. (Indien)

Wähle dir einen ersten Satz aus und beginne damit eine märchenhafte Geschichte zu schreiben. Beende sie mit einer der folgenden Zeilen:

Und auf der Welt war wieder heller Tag. (Norwegen)

Im Gefängnis landete er nie wieder. (China)

Dann werden wir erfahren, was für wunderbare Sachen im eisernen Kästchen liegen. ( Deutschland)

Viel Spaß beim Schreiben eines Märchens! Wird es ein Gruselmärchen oder ein Wunschmärchen? Oder schreibst du lieber ein Lügenmärchen? Lass dich überraschen, wohin dich die Sätze führen!

Schreiben über den Tellerrand (11)

Station 11 Niederlande: ZEVENAAR

Wir bleiben in Europa und landen auf unserer Schreibreise in den Niederlanden. Zevenaar ist nicht nur ein Ort in den Niederlanden, sondern auch ein klassisches Formgedicht, das aus  sieben (niederländisch: seven) Zeilen besteht.  Es wird gestaltet wie mit Hilfe eines Fotoapparates, der Details auswählt und heranzoomt. Es ist eine Momentaufnahme. Natalie Goldberg sagt über das Schreiben von Gedichten: „Das Leben ereignet sich während des Schreibens.“

Das Zevenaar weist folgende Struktur auf:

1. Zeile: ein Ort wird eingeführt

2. Zeile: Tätigkeit des literarischen „Ichs“ wird beschrieben

3. Zeile: eine Frage zum Bisherigen oder ein Vergleich damit wird gestellt

4. Zeile: ein Detail wird ausgewählt

5. Zeile: dieses Detail wird herangezoomt

6. Zeile: es wiederholt sich die 1. Zeile

7. Zeile: wie die 2. Zeile

Schreibimpuls 11

Schreibe ein Zevenaar nach diesen Vorgaben:

An welchem Ort wärst du gerne? Im Wald, am Meer, auf einer Insel oder in deinem Sessel…  ? Was tust du dort oder was geschieht da? Stellst du dir Fragen zu deiner Tätigkeit? Beschreibe genauer, zoome ein Detail heran und schau es konzentriert an. Wenn du dann die 1. und 2. Zeile wiederholst, wirst du merken, dass sich in der Rückschau etwas verändert hat.

Hier noch ein Beispiel:

Im Bücherparadies

Suchend gleitet mein Blick von Buch zu Buch

Oder möchte ich mich finden lassen?

Ein Titel fesselt meine Aufmerksamkeit

Pantherzeit – Käfigzeit ?

Im Bücherparadies

Suchen gleitet mein Blick von Buch zu Buch

Viel Spaß beim Dichten!

Schreiben über den Tellerrand (10)

Station 10 Großbritannien: DRABBLE

Heute kehren wir Asien den Rücken, landen in Großbritannien und lernen das DRABBLE kennen.

Ein Drabble ist eine Geschichte, die aus exakt 100 Wörtern besteht. Die Überschrift wird dabei nicht mitgezählt. Ursprünglich waren Drabbles  ein Einstieg für Schreibanfänger, jedoch stellen sie auch eine Herausforderung für erfahrene Autoren dar, da es nicht immer leicht ist, alles, was als wichtig und unabdingbar für einen Text gilt, auch unterzubringen. Der Begriff geht auf einen Sketch von Monty Python zurück. Drabbles – a word game for 2 to 4 players. In den 1980er Jahren wurde dadurch in eine regelrechte „Drabblemanie“ hervorgerufen. Neben den klassichen Drabbles gibt es auch Varianten mit mehr Wörtern. Beispiele dafür sind das Double-Drabble (200 Wörter), das Triple-Drabble (300 Wörter) und das Quad-Drabble (400 Wörter). Grundsätzlich ist alles erlaubt; ein Drabble gibt einem Autor keine Vorgaben über den Inhalt, nur die Länge muss stimmen. Der Reiz am Drabble besteht darin, sich sehr kurz und pointiert zu fassen – 100 Wörter sind nicht sehr viel.

Versuchen wir, so ein Stück Mini-Prosa zu schreiben. Natürlich könnte uns dabei die klassische Struktur einer Kurzgeschichte (Einleitung – Hauptteil – Schluss) helfen, aber das erinnert an Schule, und dahin wollen wir nicht zurück. Versuchen wir, auf ungewöhnlichem Wege eine Idee für den Inhalt zu finden. Eine spannende Herangehensweise ist es, zufällige Reizwörter zu finden, die inhaltlich so gar nicht zusammenzupassen scheinen, aber im Text zusammengeführt werden müssen. Reizwörter werden im kreativen Schreiben ganz unterschiedlich gefunden. Heute schlage ich folgenden Weg vor:

Schreibimpuls 10

Sammle zum Anfangsbuchstaben deines Vornamens viele Nomen und schreibe jedes auf einen Zettel.  (Zu Heike fällt mir ein: Haus Hund Hirnforschung Hass Holunder Himmel Hölle Honig Hamster Hase Hintern Hörgerät HaftanstaltHose…)                                                       Schreibe wirklich alles auf, was dir einfällt, filtere nichts heraus. Ziehe dann blind drei Zettel – und schon hast du drei Reizwörter, die du in einem Drabble-Text unterbringen musst!

Und nun lass dich von deinen drei Reizwörtern zu einer Geschichte mit exakt 100 Wörtern anregen.

Viel Spaß dabei!

Tipp: Wirf die Zettel nicht weg, du kannst sie als Fundus für weitere Schreibanlässe verwenden. Ergänze sie zunächst durch andere Wortarten.

Schreiben über den Tellerrand (9)

Station 9 Japan: HAIKU

Verweilen wir noch ein wenig in Asien und lernen die wohl kürzeste Gedichtform der Welt kennen: das HAIKU. Das aus Japan stammende Gedicht besteht aus drei Zeilen, auf die sich im Deutschen 17 Silben wie folgt verteilen: Fünf Silben in der ersten Zeile, sieben in der zweiten und wieder fünf Silben in der dritten Zeile. Einen Reim gibt es im Haiku nicht. Nun ist es so, dass unsere Sprechsilben nicht gleichzusetzen sind mit den japanischen Silben (=Moren), so entsprechen 17 Moren etwa 10-14 Silben in der deutschen Sprache. Dennoch ist es im deutschsprachigen Dichter-Raum üblich, die Silbenstruktur 5-7-5 zu verwenden, auch wenn in modernen Haiku-Schulen die Dichter (Haijin) sowohl von der strengen Formvorgabe als auch den inhaltlichen Vorgaben abweichen. Traditionell zeichnet sich ein Haiku inhaltlich durch die Darstellung eines Alltagsgeschehen aus, das genau beobachtet und fokussiert auf ein Detail beschrieben wird. So verbleibt es immer im Gegenwärtigen. Beliebt sind auch die Natur-Haikus und hier wiederum die poetische Darstellung der Jahreszeiten. Gefühle hingegen finden kaum Platz in einem Haiku.

Ein Beispiel:

Allererster Schnee –

aufgeklart, doch immer noch

Bambusregen tropft.

(Ushihiko)

Schreibimpuls 9

Geh hinaus in die Natur! In diesen Tagen zeigt sie sich uns in einem winterlichen Gewand, wie wir es seit Jahren (oder sind es Jahrzehnte?) nicht gesehen haben. Halte dieses Gegenwärtige und so leicht Vergängliche fest, indem du dir zunächst Notizen über deine Beobachtungen machst. Und dann heißt es wieder: Silben zählen – und zum Haiku-Dichter werden!

Viel Freude dabei!

Schreiben über den Tellerrand(8)

Station 8: China/Japan : Schreiben nach Meditationsmusik

Heute wollen wir uns von Musik zum Schreiben stimulieren lassen. Jede von uns kennt die Wirkung von Tönen und Klängen, die uns berühren, Erinnerungen wachrufen und Gefühle auslösen. Diese Eigenschaft der Musik wollen wir nutzen und erfahren, welche Assoziationen sie wachruft. Da wir uns heute und morgen auf unserer Schreibreise wieder nach Asien, in die Heimat des Buddhismus, begeben wollen, schlage ich vor, für die Übung eine Meditationsmusik zu wählen, z.B. 3Hours RelaxingMusic „Evening Meditations“, zu finden auf YouTube. (In einem folgenden Kurs möchte ich zeigen, wie sich Meditation und Schreiben zusammenführen lassen!)

Schreibimpuls 8

Wähle dir einen ruhigen Ort und sorge dafür, dass du nicht gestört wirst. Höre für zehn bis fünfzehn Minuten die Musik. Höre erst und schreibe dann oder schreibe, während du hörst. Schreibe ohne Ziel, überlasse dich ganz deinen Assoziationen. Lass die Worte einfach kommen.

Ich wünsche dir eine gute Schreiberfahrung!

Schreiben über den Tellerrand (7)

Station 7: Australien/Nordamerika: Singen und Erzählen

Selbstverständlich kann man an australischen Universitäten Kreatives Schreiben studieren. Leider ist mir nicht bekannt, ob es außerhalb der Universitäten Schreibgruppen gibt, in denen Kreatives Schreiben praktiziert wird. Auch nach typischen Gestaltungsmerkmalen australischer Prosa oder Lyrik habe ich vergeblich geforscht. Es gibt natürlich Schriftsteller*innen, die auch bei uns eine gewisse Bekanntheit erlangt haben. Zu nennen ist da Les Murray, von dem folgendes Zitat stammt: „Prosa ist Schwerstarbeit, Dichtung nicht, Dichtung ist Singen“. Damit knüpft er an die Tradition der Indigenous ( früher: Aborigines) an, durch die „Songline“, einen mystischen Traumpfad, untereinander zu kommunizieren. Die Traumpfade durchziehen als unsichtbares Netz den gesamten Kontinent Australien. Es handelt sich hierbei um gesungene Texte, mit deren Hilfe die Indigenous in der Lage waren, kilometerlange Reisen durchzuführen, ohne sich zu verirren.

Das Pendant zu der australischen „Songline“ bildet die „erzählende Landschaft“ bei den Völkern der „First Nation“ in Nordamerika. Ebenso wie bei den Aborigines ist die Welt der First Nation mündlich geprägt, eine Schriftsprache ist nicht von Bedeutung. Bei den indigenen Völkern gibt es keine Trennung zwischen der Natur und dem Menschen. Er zählt selbstverständlich als ein Bestandteil der Natur wie alle Tiere und Pflanzen und Erscheinungen wie Steine, Wasser, Himmel, Wolken, Wind. Zu diesem Verständnis gehört es deshalb auch, dass alles in der Natur eine Sprache hat.

Bei den Apachen ist es z.B. üblich, Orte nicht etwa durch einen einzelnen Namen zu kennzeichnen, sondern eine präzise Beschreibung zu geben, die etwa so lauten könnte: „Große Pappeln breiten hier und dort ihre Zweige aus“ oder „ Wasser strömt über eine Stufenfolge flacher Felsen herab“.  „Die einmalige Magie eines Ortes wird an den Ereignissen sichtbar, die sich dort abspielen und dem, was einen selbst oder anderen im Umfeld jenes Ortes widerfährt“.                                                                       (aus: Nomadische Erzählkunst e.V.)

Das Fundament dieser Erzählkunst bildet ein intensiver Einsatz aller sinnlicher Wahrnehmungsleistungen ebenso wie das Vermögen zuzuhören, d.h. auch dem Rufen eines Tieres zuzuhören und ihm zu entnehmen, wie wir leben sollen.

Können wir, die durch die Schriftsprache geprägt sind,  etwas mitnehmen und lernen von den Indigenous in Australien und der First Nation in Amerika? Können wir etwas hineinnehmen in unseren schöpferischen  Prozess?

Versuchen wir es und besinnen uns in dieser schwierigen Zeit des Verzichts auf das, was wir noch „dürfen“ – nämlich, die Natur erleben, uns in und mit der Natur erleben. Der Natur mit Aufmerksamkeit, Achtsamkeit, mit allen Sinnen begegnen!

Schreibimpuls 7

Gibt es in der Natur einen Lieblingsort für dich? Gibt es einen Weg, einen Spaziergang, der einen besonderen Reiz auf dich ausübt? In einem Park, an einem Gewässer, in einem Waldstück? Begib dich dorthin und nimm deine Schreibutensilien mit. Bleib alle fünf bis zehn Minuten stehen und notiere deine Wahrnehmungen, nicht nur die der äußeren Ereignisse (was du hörst, siehst, riechst…), sondern achte auch auf deinen inneren Ort, dort, wo sich Erinnerungen und Gefühle einstellen. Beschreibe dann zuhause diesen Natur-Ort und gib auch den anderen Erscheinungen eine Stimme: Was hat der Baum gesagt, was das Wasser mitgeteilt, was der Vogel gesungen?

Du kannst deine Text natürlich „nur“ für dich schreiben, du kannst ihn aber auch anderen mitteilen, vielleicht mit einer Einladung zu einem gemeinsamen Spaziergang an diesen Ort?

Ich wünsche dir eine gute Begegnung mit einem guten Ort!

Schreiben über den Tellerrand (6)

Station 6 Asien/Korea: Sijo-Gedicht

Bleiben wir noch in Asien und schauen uns nach dem Reimgedicht die dort verbreiteten Silbengedichte an. Sijo ist die bekannteste Form der koreanischen Poesie. Meistens besteht ein Sijo aus drei Zeilen mit jeweils 14 bis 16 Silben, sodass es insgesamt 44 bis 46 Silben gibt. Die erste Zeile gibt das Thema an (15-16 Silben), dann kommt die Erweiterung (15-16 Silben) und zum Schluss häufig eine Wendung im Thema (6-7 Silben) und ein Abschluss (6-7 Silben).  Ein Sijo hat in der Regel keine Überschrift.

Diese Übersicht zur Hilfe:

1. Wort2. Wort3. Wort4. Wort
1. Zeile3 Silben4 Silben3/4 Silben4 Silben
2. Zeile3 Silben4 Silben3/4 Silben4 Silben
3. Zeile3 Silben5 Silben4 Silben3 Silben

 Quelle:Wikipedia

Schreibimpuls 6

In den nächsten Tagen erwartet uns – zumindest in Norddeutschland- draußen eine Winterlandschaft. Nutze dieses inzwischen seltene Ereignis für einen Spaziergang oder verweile eine Zeitlang am Fenster. Halte deine Eindrücke zunächst ungeordnet in Stichworten fest, vielleicht praktizierst du dabei das Freewriting (s. Schreibimpuls1). Erstelle anschließend ein Sijo.

Viel Spaß beim Zählen der Silben!