Schreibend ins neue Jahr (21)

Willkommen zum Tag 21 des Schreibkurses!

Heute ist der letzte Tag des Schreibkurses „Schreibend ins neue Jahr“.

In meinen Schreibkursen habe ich festgestellt, dass es neben dem „Elfchen“ noch eine weitere lyrische Form gibt, die sich großer Beliebtheit erfreut: Das Rondell (nicht zu verwechseln mit dem französischen „Rondel“)

Das Rondell wird aus acht Verszeilen gebildet, die in einer einzigen Strophe angeordnet werden. Das wesentliche Merkmal dieser Gedichtform ist das Wiederholen einzelner Verszeilen. Hierbei gibt es zwei unterschiedliche Varianten.

Eine Variante(a) sieht vor, dass das Rondell nur eine Verszeile wiederholt. Hierbei wird der zweite Vers in der vierten und siebenten Zeile wiederholt. Alle anderen Verszeilen sind beliebig.

Der Titel des Rondells ist eine Art Oberbegriff, der den Inhalt des Gedichtes bestimmt. Zumeist greifen die Verszeilen, die wiederholt werden, einen Teil des Titels auf oder beziehen sich unmittelbar auf diesen. Die anderen Verse ergänzen meist eher die Wiederholungen.

Beispiel a):

Winter

1   Kahle Bäume am Straßenrand

2   Es fehlen Eis und Schnee

3   Rodelberge liegen verlassen

4   Es fehlen Eis und Schnee

5  Das Klima braucht Schutz

6   Die Natur ruft laut

7   Es fehlen Eis und Schnee

8   Wann wird es wieder Winter?

© HH

In der Variante b wird die erste Zeile in der vierten und siebten Zeile wiederholt. Die anderen Zeilen sind beliebig, wobei manchmal auch Vers zwei und acht gleich sind.

Schreibimpuls

Worüber möchtest du dein Rondell schreiben? Welches Thema steht für dich im Vordergrund?          Sind es vielleicht die Erwartungen an das neue Jahr? Oder vielleicht deine Vorsätze für das neue Jahr?

Entscheide dich zu nächst für eine Variante. Schreibe dann bei Variante a zunächst sechs kurze Sätze. Überlege dann, welcher Satz sich für die Wiederholung eignet. Probiere auch eine unterschiedliche Reihenfolge der anderen Verszeilen, bevor du dein Rondell endgültig gestaltest.

Viel Freude dabei!

Allen Schreibfreudigen eine gute Zeit!

Schreibend ins neue Jahr (20)

Willkommen zum Tag 20 des Schreibkurses!

Heute lade ich dich erst zu einem Spaziergang in die Natur und anschließend zum Schreiben eines Haiku ein.

Ein Haiku ist ein meditatives Silben – Gedicht aus Japan. Es besteht aus drei Zeilen, die erste Zeile hat (meist) 5 Silben, die zweite sieben und die dritte wieder fünf. Begriffe aus der Natur stehen dabei für die Grundstimmung, es geht darum, einen Eindruck aus der Natur wiederzugeben. Ein Haiku wird als Momentaufnahme beschrieben, es ist „der Inbegriff von Leichtigkeit, Aufrichtigkeit, Objektivität und Liebe zu allen Kreaturen“. (aus: Wörterbuch des Kreativen Schreibens).

Ein Beispiel, eines der berühmtesten Haiku von Basho:

Der alte Teich:

Ein Frosch springt hinein.

Oh! Das Geräusch des Wassers.

Beim Zählen der Silben hast du bestimmt festgestellt, dass die Vorgabe 5-7-5 nicht stimmt. Das liegt daran, dass man die japanischen Lauteinheiten nicht mit den deutschen Silben gleichsetzen kann. Deutsche Autoren nutzen daher meist nur bis zu 14 Silben, wobei die 2. Zeile immer die mit der größten Anzahl an Silben sein sollte.

Schreibimpuls

Nutze die Zeit, die du jetzt nicht mit Shoppen verbringst, doch zu einem längeren Spaziergang! Geh in einen Park, umkreise ein Gewässer, geh in den Wald oder verbringe einige Zeit in einem Garten. Nimm dein Schreibzeug mit und bleibe hin und wieder stehen. Sieh dich um, höre, rieche, fühle. Notiere mit wenigen Worten deine Wahrnehmungen. Wieder zu Hause, schreibe mit Hilfe deiner Notizen ein Haiku, vielleicht auch mehrere und experimentiere ein wenig mit der Anzahl der Silben.

Viel Freude dabei!

Schreibend ins neue Jahr (19)

Willkommen zum Tag 19 des Schreibkurses!

Heute lernst du eine einfache lyrische Form kennen, das Elfchen.

Ein Elfchen ist ein kleiner lyrischer Text, der aus elf Wörtern mit folgender Struktur besteht:

  1. Zeile: ein Wort: z.B. eine Farbe
  2. Zeile: zwei Wörter: etwas, was diese Farbe hat
  3. Zeile: drei Wörter: etwas mehr über die Person oder den Gegenstand aussagen
  4. Zeile: vier Wörter: s. Zeile 3
  5. Zeile: ein Wort: ein Ausruf!

Schreibimpuls

Entwerfe ein Elfchen, indem du dich von dem gestrigen Cluster inspirieren lässt. Wähle als Ausgangswort „hell“ oder „dunkel“. Schreibe dann noch ein Elfchen mit dem Gegenwort.

Viel Spaß beim Schreiben!

Schreibend ins neue Jahr (18)

Willkommen zum Tag 18 des Schreibkurses!

Zurzeit erleben wir besonders heftig, wie jede Überzeugung, jede Tatsache, jede Meinung unmittelbar das Entgegengesetzte hervorruft. Die Wirklichkeit polarisiert, ist paradox und widersprüchlich. Alles Leben ist voller Konfrontation und Spannung. Diese Merkmale wollen wir heute in den Schreibprozess einbeziehen. L. Rico sagt dazu: „Für das natürliche Schreiben wird die Spannung zwischen entgegengesetzt wirkenden Kräften zum kreativen Prinzip, denn genau sie ist es im Wesentlichen, die Neues hervortreibt.“

Schreibimpuls

Beginnen wir mit einem Zitat, einer Zeile aus einem Gedicht des amerikanischen Schriftstellers Theodore Roethke:

In dunklen Zeiten fängt das Auge an zu sehen…

Und am helllichten Tage herrscht wieder Mitternacht!

Lass deine Gedanken hierzu ungefiltert und unzensiert auf das Papier fließen, verzichte auf vollständige Sätze, schreib einfach drauf los.

Fertige in einem zweiten Schritt ein Cluster an, indem du den Kreis in zwei Hälften teilst, in die eine Kreishälfte schreibst du das Wort dunkel, in die andere das Wort hell. Verfahre nun weiter, wie an Tag 6 des Schreibkurses beschrieben.

Hebe deinen „Gedankenschwarm“ für morgen auf, dann geht es weiter!

Schreibend ins neue Jahr (17)

Willkommen zum Tag 17 des Schreibkurses!

Heute gibt es noch einmal einen visuellen Stimulus.

Schreibimpuls

Beginne deinen Text mit dem Satz: „Ich bin in einem kleinen Haus in den Dünen. Unter einem reetgedeckten Dach liegt mein Arbeitsraum. Von meinem Schreibtisch aus höre ich das Meer rauschen…“

Viel Spaß beim Schreiben!

Schreibend ins neue Jahr (16)

Willkommen zum Tag 16 des Schreibkurses!

Heute – Achtung! Es ist nicht Freitag, der 13.!-  biete ich einen visuellen Stimulus an.

Schreibimpuls

Beginne deinen Text mit dem Satz: „Es fing damit an, dass frühmorgens die Eieruhr stehenblieb. Als ich dann missmutig mein Frühstücksei kaute…“

Vielleicht benötigst du den Satz nicht, dann lass dich einfach vom Kalenderblatt inspirieren!

Viel Spaß beim Schreiben!

Freitag, der 13. – Glück oder Unglück? | Jumbo Lotto

Schreibend ins neue Jahr (15)

Willkommen zum Tag 15 des Schreibkurses!

Heute geht es darum, einen vorgegebenen Satz an einer Stelle zu verändern.

Schreibimpuls

Der zu verändernde Satz lautet: „Ich bin nicht Stiller“. (Mit diesem Satz beginnt der Roman „Stiller“ von Max Frisch.)

Tausche ein Wort aus und schreibe dann  einen eigenen Text, eine kleine Geschichte, die mit diesem Satz beginnt.

Viel Spaß beim Schreiben!

Schreibend ins neue Jahr (14)

Willkommen zum Tag 14 des Schreibkurses!

Für die folgenden Tage schlage ich Schreibspiele mit Sätzen vor.

Wir beginnen mit „Ein Wort aus einem Satz“

Schreibimpuls

Aus dem Satz „Plötzlich saß ich allein auf einer Insel und wusste: Das nächste Schiff geht erst in einer Woche“ wähle dir ein Wort aus. Schreibe nun spontan einen Satz, der dieses Wort enthält. Auch aus diesem Satz suchst du dir wieder ein Wort aus, das in einem nächsten Satz enthalten sein soll. So verfährst du, solange du Spaß daran hast. Du kannst dabei auf einen Sinnzusammenhang achten, kannst dich aber auch einfach treiben und überraschen lassen. Auch Unsinniges, Paradoxes, Ulkiges und Befremdliches darf sein!

In diesem Sinne wünsche ich viel Freude beim Schreiben!

Schreibend ins neue Jahr (12 / 13)

Willkommen zum Tag 12 und 13 des Schreibkurses!

Für heute möchte ich einen Vorschlag für die Gestaltung eines Gedichtes aufgreifen, den Lutz von Werder in seinem Wörterbuch des Kreativen Schreibens macht: Es handelt sich um ein sogenanntes Listengedicht. Dabei werden Wortlisten erstellt, aus denen „sich oft ein lyrischer Funken schlagen“ lässt. Da die Übung recht umfangreich ist, schlage ich vor, diese an zwei Tagen vorzunehmen.

Schreibimpuls

1.) Lege Listen an,

  • von Ereignissen und/oder Dingen, die in der Zukunft liegen können
  • von vergangenem Geschehen (autobiografische Elemente)
  • von Dingen, die dir spontan einfallen
  • von Träumen
  • von negativen Ereignissen/Gefühlen
  • von Sinneseindrücken (hören, fühlen, riechen, schmecken, sehen)

2.) Kreise in jeder Liste 5 – 6 Worte ein.

Probiere folgende Satzanfänge aus:

Ich möchte…

Ich erinnere mich…

Ich fühle…

Ich war…

Lass die eingekreisten Worte nun in dein Gedicht einfließen. Jede Zeile beginnt dabei mit den gleichen Worten. So kannst du serielle Lyrik schreiben.

Ein Beispiel:  (aus einer Schreibgruppe)

Ich möchte befreit sein von Gedankenqual

Ich möchte  Einsame umarmen

Ich möchte Misstrauen vertreiben

Ich möchte die Vernunft siegen sehen

Schreibend ins neue Jahr (11)

Willkommen zum Tag 11 des Schreibkurses!

Gibt es einen Menschen, dem du – vielleicht zum Geburtstag – gern ein Gedicht schenken würdest? Dann hilft dir mein heutiger Impuls möglicherweise weiter.

Als Vorlage für die Schreibübung an diesem Tag dient ein Gedicht des Lyrikers Peter Meinke. (s.u.)

Schreibimpuls

  • Lies dir das Gedicht laut vor, sodass du seinen Rhythmus und seine Bilder gut aufnehmen kannst.

Notiere dir die Namen von drei bis vier – es können auch noch mehr sein – Menschen, für die du gern ein ähnliches Gedicht schreiben möchtest.

  • Kreise nun spontan einen Namen ein – für diese Person wirst du jetzt das Gedicht gestalten.
  • Mach den Namen dieser Person zum Kernwort eines Clusters.

Schreibe alles, was dir zu dieser Person einfällt, um das Kernwort herum: Aussehen, Charaktereigenschaften, Hobbys, Eigenarten, deine Verbindung zu ihr, deine Wahrnehmungen, deine Gefühle ihr gegenüber…

  • Notiere so lange, bis sich das Gefühl einstellt, genügend Stoff zur Gestaltung des Gedichtes zu haben.

Beginne deinen Text mit den Worten „Dies ist ein Gedicht für…“

  • Schau auf dein Cluster und ab und zu auf das Gedicht von Meinke, um dich an Rhythmus und Sprache zu orientieren.
  • Lies dir deinen Text laut vor und verändere ihn, wenn nötig!

Ohne Titel

dies ist ein gedicht für meinen Sohn Peter
den ich tausendmal gekränkt habe
dessen große wehrlose augen
starr vor schmerz zusehen, wie ich rase
dünne handgelenke hängen
knochenlos vor verzweiflung, blasser, sommersprossiger rücken
krümmt sich besiegt, das kissen nass
weil ich ihn nicht verstehe.
ich habe aus schwäche und ungeduld
dein zerbrechliches vertrauen für immer enttäuscht
weil du da warst, verwundbar
wenn ich ein opfer suchte, und weil
ich dachte, du wüsstest
dass du schön bist, dass du strahlst
mit deinen hellen augen, deinem haar
doch jetzt begreife ich, dass keiner
das von sich weiß, sondern es wieder
und wieder hören muss, bis es halt findet
weil man alles zertreten kann
mit der Zeit, besonders das schöne
so schreibe ich dies für das leben,
für die liebe, für
dich, meinen ältesten sohn Peter, zehn Jahre,
bald elf.

Peter Meinke